Gastbeitrag:
Christina Wagner
Durch den Angriff Russlands auf die Ukraine wurde die Politik sicherheitspolitisch wachgerüttelt. Die Umstrukturierung der Bundeswehr seit 2012 zu einer weltweitoperierenden Stabilisierungsarmee mit asymmetrischer Ausrichtung ließ die Landesverteidigung in den Hintergrund rücken. Dieses wirkte sich vor allem auf die Ausrüstung, vor allem bei den Waffensystemen aus. Darüber hinaus wurde in den letzten Jahrzehnten die Bundeswehr, da man sich an eine stabile Sicherheitslage glaubte, kaputtgespart.
Dieser Glaube wurde am 24. Februar 2022 von Russland zerstört. Schlagartig rückten die Bundeswehr und die Landesverteidigung wieder in den Mittelpunkt. Mit einem 100 Milliarden Euro Programm will man die Bundeswehr wieder auf die Landesverteidigung ausrichten. In der Politik überschlägt man sich mit Erklärungen, die Bundeswehr wieder zu einer schlagkräftigen Armee aufzubauen. Es heißt, die Bundeswehr soll in Europa die leistungsfähigste Armee der NATO werden.
Hiermit verbunden ist auch die Ablösung des MRCA Tornados bei der Luftwaffe. Wie ich schon in meinen Beitrag dazu dargelegt habe, standen die F-18 Super Hornet und die F-35 Lightning II zur Diskussion. Die Entscheidung zugunsten der F-18 wurde schon vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine wieder infrage gestellt. Auf die Gründe bin ich schon in meinem Beitrag vom 20. Februar 2022 zum Thema Ersatz des Tornados eingegangen.
Wenn man den Aussagen aus der Politik folgt, ist eine Entscheidung für die F-35 für die Jagdbomber und nukleare Teilhabe und dem Eurofighter ECR Typhoon als Ersatz für die ECR Tornados schon gefallen. Rufe wie; „Jetzt muss die F-35 her“, lassen vermuten, dass die F-35 das beste Kampflugzeug zur Ablösung der Tornados angesehen wird. Entspricht die Leistungsfähigkeit dieser Maschine wirklich den Erwartungen, oder gibt es auch noch andere Alternativen? Diese Frage werde ich nachfolgend nachgehen.
Zur Veranschaulichung habe ich von der F-35 und der F-15 im Look der Luftwaffe eine Art-Impression
gefertigt.-
F-35 Lightning II
Ohne Frage handelt es sich bei der F-35 um ein modernes Kampflugzeug der 5. Generation. Derzeit ist es auch das einzige westliche Kampflugzeug mit Stealth-Ausrichtung dieser Generation auf dem Markt. Aber bei aller Modernität dieser Maschine, ist es auch leistungsfähig und als Ersatz für den Tornado geeignet?
Die F-35 wurde von den USA im Rahmen des Joint Strike Fighters-Programm als Ersatz für die F-16 Fighting Falcon geplant. 2001 wurde der Auftrag an Boing vergeben. Während bisher Maschinen für die einzelnen Teilstreitkräfte einzeln entwickelt wurden, wurde die F-35 zum Allrounder. Sie wurde sowohl für die Air Force, der Navy und den Marines gemeinsam entwickelt. Dabei sollten die F-35 auch die in die Jahre gekommenen Harrier Senkrechtstarter der Marines ablösen. Daher wurde die F-35 A für die Air Force und F-35 C für die Navy als Kampflugzeug vorgesehen, während die F-35 B als Senkrechtstarter für die Marines konzipiert wurde. Durch diese Kombination auf einen Grundtyp wollte man Kosten einsparen. Doch gerade durch die Komplexität dieser Kombination liefen jedoch die Kosten durch immer wieder auftretende Probleme aus dem Ruder.
Eben diese Nutzung von einer Zelle für verschiedene Typen, insbesondere für den Senkrechtstarter, wirkt sich auch auf die Leistung der F-35 aus. Schon optisch erkennt man, dass die F-35 B, der Senkrechtstarter, das Design aller Typen dieser Maschine bestimmt. Da hinter dem Cockpit bei der Senkrechtstarter-Version das Hubtriebwerk installiert ist, wirkte die recht kurzer Maschine sehr „gedrungen“. Dieses, wie auch noch die Stealth-Konstruktion wirken sich nachteilig auf die Flugeigenschaften aus. Ein Testpilot äußerte, dass die F-35 deutlich der F-15 unterlegen sei.
Neben der fehlenden Agilität der Maschine bereitet auch der Rumpfabschnitt hintern Cockpit Probleme. Auch wenn die F-35 nicht als Senkrechtstarter beschafft wird, bleibt die mächtig wirkende Rumpfform unverändert. Hierdurch wird die Sicht der Piloten nach hinten stark eingeschränkt, was im Luftkampf, insbesondere beim Dog-Fight (Luftnahkampf), zu erheblichen Nachteilen führen kann.
Die mit Mach 1,6 gegenüber dem Tornado mit Mach 2,2 deutlich langsamere F-35 ist auch noch mit technischen Problemen behaftet. So soll es noch immer zahlreiche Probleme bei der Software geben, wovon einige als relevant eingestuft werden. Auch die technischen Schwierigkeiten bei den Triebwerken scheinen nicht vollständig gelöst worden zu sein. So klagte die Air-Force über einen vorzeitigen Verschleiß und Schäden der Triebwerke, die noch 2021 zu einem Ausfall wegen vorzeitiger Wartung von 15 % der F-35 führte. Durch die kürzer als erwarteten Wartungsintervalle der Triebwerke werden zudem zusätzlich Kosten verursacht.. Da die Bundeswehr die F-35 erst später bekommen wird, könnten diese Probleme nicht mehr relevant sein.
Allerdings soll die F-35 auch Probleme beim Überschallflug haben. Durch die Verwendung des Nachbrennners soll es zu einer Überhitzung des Flugzeughecks kommen. Dieses führte wohl zu Beschädigung der Radarschutzfarbe. Die US-Air Force soll daher 2020 die Dauer von Überschallflügen der F-35 zeitlich begrenzt haben.
Für die optimalen Stealth-Eigenschaften ist es erforderlich, dass die Waffen in einem internen Waffenschacht untergebracht sind. Bei der Größe des Waffenschachtes wirkt sich wieder die dem Senkrechtstarter geschuldete geringen Größe der Maschine negativ aus. So können die Meteor Luft-Luft Raketen, wie sie die Bundeswehr einsetzt, nicht in dem Schacht untergebracht werden. Für die Royal-Navy Maschinen wurde ein neuer Typ der Raketen, mit verkleinerten Flossen entwickelt. Aber auch HARM-Raketen und auch die US-Atombomben bedürfen einer Anpassung an den Waffenschacht der F-35. Da nur vier Positionen für Waffen intern vorhanden sind, müssen zur Erhöhung der Kampfkraft an den Außenpositionen weitere Waffen, als auch Zusatztanks, aufgenommen werden. Dieses geht jedoch auf Kosten der Stealth-Eigenschaften der Maschine. Wobei ohnehin etwas fragwürdig erscheint, ob bei einem Jagdbomber, wie die F-35 bei der Bundeswehr eingesetzt werden soll, Stealth das Nonplusultra ist. Entgegen den Bombern, die in großer Höhe und vor allem nachts fliegen, operiert ein Jagdbomber auch am Tag und bei geringer Flughöhe. Hier sind Stealth-Eigenschaften weniger effektiv. Es besteht eine große Gefahr von Nahbereichswaffen, bei denen sich Nachteile in Manövrierfähigkeit und Geschwindigkeit fatal auswirken können. Da selbe gilt, wie schon erwähnt, im direkten Luftkampf.
Abgesehen von den technischen Problemen hat man mit der F-35 ein Allrounder gebaut, der vieles kann, aber wie üblich, nichts richtig. Dieses stimmt nicht ganz, denn mit der F-35 B hat man im Bereich des Senkrechtstarters gegenüber dem Harrier einen echten Quantensprung geschafft. Aber mit der F-35 auch gleichzeitig ein leistungsfähiges Kampflugzeug zu erschaffen und als solches anzupreisen, hat aus meiner Sicht nicht funktioniert. Durch die Vorgaben für den Senkrechtstarter ist es nur eingeschränkt gelungen, ein wirklich leistungsfähiges Kampflugzeug mit Standkraft zu bauen. Nach meinen bisherigen Informationen gibt es derzeit auch keine zweisitzige Trainer-Version, sodass Piloten für die Maschine vorher nur am Simulator ausgebildet werden können.
F-15 Eagle II
Nachdem bei der US-Navy bezüglich der F-18 Super Hornet die Erklärung zum Einsatzende ab 2030 bekannt wurde, stellt sich die Frage, welcher Flugzeugtyp noch als Ersatz für den Tornado infrage kommt.
Hier bietet sich aus meiner Sicht die bewährte F-15 Eagle von Boing an. Diese Maschine befindet sich
zwar seit 1974 bei der US-Air-Force im Einsatz, wurde aber ständig weiterentwickelt und 2021 wurden die ersten, von 144 bestellten, neuen F-15 Eagle II an die Air-Force ausgeliefert. Bei der F-15
handelt es sich um ein leistungsfähiges, in mehreren Kampfeinsätzen bewährtes Mehrzweckkampflugzeug. Entgegen der F-18 der Navy ist davon auszugehen, dass die F-15 wegen ihrer Leistungsfähigkeit
noch für einen langen Zeitraum ein wesentliches Waffensystem bei der US-Air Force bleiben wird. Dadurch dürfte die Ersatzteilversorgung langfristig gesichert sein.
Die bis zu Mach 2,5 schnelle F-15 hat sich in Kampfeinsätzen sowohl als Jäger, als auch beim Einsatz gegen Bodenziele bewährt. Sicher, sie ist kein Stealth-Kampflugzeug der 5. Generation, sondern nur durch Anpassungen eine Maschine der 4.5 Generation. Aber in den Punkten Leistung und Manövrierfähigkeit ist sie der F-35 überlegen.
Mit 19.43 m Länge ist sie fast 4 m länger als die F-35 und auch über 2 m länger als der Tornado.
Dabei verfügt sie über insgesamt 21 Waffenstationen und einer Waffenlast von ca. 11.000 kg. Hierdurch können umfangreiche Waffen für Luft- und Bodenkampf gleichzeitig mitgeführt werden. Auch
verfügt die F-15 über eine Zulassung für US-Atombomben des Typs B-61. Hierdurch würde sie auch die „nukleare Teilhabe“ sicherstellen lassen. Durch ihrer ausgezeichneten Flugeigenschaften soll
ihre Luftkampfeignung auch bei voller Zuladung noch ausgezeichnet sein. Beachtenswert ist hierbei auch, dass die G-Belastung gegenüber der F-15 mit etwa 8 g die F-35 nur ca. 5 g
umfasst.
Daher hat sich die ursprünglich als einsitziger Luftüberlegenheitsjäger entwickelte F-15 auch einen Namen als Jagdbomber gemacht. Im Rahmen des geänderten Einsatzes hat man sich ab der F-15 E für die zweisitzige Version entschieden. Bei der Bekämpfung von Bodenzielen und auch im Luftkampf sehe ich im Waffensystemoffizier (WSO) eine optimale Ergänzung und Entlastung des Piloten. Durch die neue Gestaltung des Kabinendachs verfügt die F-15 gegenüber der F-35 über eine hervorragende Sicht, auch nach hinten!
Auch wenn bei der F-15 zwei Triebwerke zu warten sind, stellen diese gegenüber einem einstrahligen Flugzeug eine höhere Flugsicherheit und Überlebensfähigkeit im Einsatz da.
Fazit:
Ich sehe in der F-15 Eagle II eine sehr leistungsstarke Alternative gegenüber der F-35. Wenn man der Luftwaffe einen effektiven Ersatz für den Tornado beschaffen will, führt aus meiner Sicht kein Weg an der F-15 vorbei. Seinen Blick nur auf „möglichst modern“ und Leistung vor allem auf die „nukleare Teilhabe“ zu fixieren, sehe ich als Fehler an. Wenn man jetzt schon bereit ist, für die Bundeswehr Geld in die Hand zu nehmen, sollte man auch dieses im Sinne der Landesverteidigung und für leistungsfähige Systeme ausgeben. Und auch wenn sich gerade viele NATO Staaten, aus welchen Gründen auch immer, für die F-35 entscheiden, sollte man nicht aus reiner Systemkompatibilität sich auch dafür entscheiden. Wenn man wirklich die angestrebte leistungsfähige Bundeswehr aufbauen will, ist die F-15 eine überaus attraktive Alternative zur F-35. Aus meiner Sicht ist die F-15 auch der bessere Ersatz für den Tornado. Darüber hinaus, ist die F-15 ein bewährtes Flugzeug und hadert nicht mit möglichen technischen Problemen einer F-35. Auch wenn diese zukünftig gelöst werden, lassen sich die konstruktionsbedingten Nachteile bei den Flugleistungen nicht beheben.
Eine aus der Situation heraus übereilte Entscheidung zum Gunsten der F-35 halte ich jedenfalls für ein Fehler.
An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass zu hoffen ist, dass der politischen Erklärung, den
Eurofighter Typhoon weiterzuentwickeln, auch Taten folgen werden. Es wäre bedauerlich, wenn man, wie beim Tornado, dieses wieder versäumen würde. Im Flugzeugbau der USA beschreitet man andere
Wege. Programme werden nicht so rasch eingestellt, so sind F-15, F-16 und F-18 alles Programme aus der 1970er-Jahren, die aber immer weitergeführt worden sind und noch heute gebaut werden.
Dadurch wird auch, wie beim Tornado der Luftwaffe mit 40 Jahren, eine Überalterung der Maschine verhindert. Hätte man die Produktion des Tornados nicht 1997 eingestellt, verfügte die Luftwaffe
heute vielleicht über einen modefizierten Tornado II. Bleibt die Hoffnung auf ein Typhoon II der ab 2040 durch das neue europäische Kampflugzeug ergänzt wird.
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