Seit 1972 in bei der Bundeswehr der Sikorsky CH-53G im Einsatz. Schon seit einigen Jahren stand eine Ablösung des seit nunmehr 50 Jahren im Dienst befindlichen Hubschraubers im Raum. Da es auf dem westlichen Markt nur zwei Typen Schwerer-Transporthubschrauber gibt, ging es um zwei Modelle. Dem Sikorsky CH-53K (King Stallion) und dem von Boing hergestellten CH-47F (Chinook). Zunächst hatte man sich für den Sikorsky CH-53K entschieden. Da man aber die Wirtschaftlichkeit anzweifelte, wurde diese Entscheidung 2020 revidiert.
Bis zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine dämmerte eine Entscheidung vor sich hin. Jetzt hat man sich entschieden, die Anschaffung eines neuen Schweren-Transporthubschraubers voranzutreiben. Fast überraschend schnell kam am 24. April 2022 die Ankündigung, man hätte sich auf den CH-47F von Boing entschieden. Das man sich für den „Chinook“ entschieden würde, überrascht zunächst nicht. Der Hubschrauber hat vor allem seine Vorteile bei der Wirtschaftlichkeit gegenüber dem Sikorsky.
Allerdings scheint von Seiten der Wirtschaft schon eine Entscheidung zu Gunsten der CH-47F vorangegangen zu sein. Neben weiteren Partnern hat sich auch Airbus im März 2022 sich für eine Zusammenarbeit mit Boing beim CH-47F Chinook entschieden. Gemeinsam wolle man die Einführung des Hubschraubers bei der Bundeswehr unterstützen. Diese, der Politik vorgreifende Entscheidung für Boing, und damit vorhandene bestehende Einbindung der europäischen Wirtschaft, mag den CH-47F durchaus den entscheidenden Vorteil gegenüber Sikorsky bringen.
Als weiterer Vorteil, neben den Kosten, ist der Einsatz des CH-47F bei mehreren NATO-Staaten. Der Sikorsky CH-47K befindet sich dagegen nur in den USA im Einsatz. Sicherlich sind Synergieeffekte aus Systemgleichheit innerhalb der Nato nicht unbedeutend, aber sie können auch nicht das Maß aller Dinge sein. Neben Kosten, Wirtschaftseinbindung und Nato-Synergien, muss eines im Mittelpunkt stehen: Die Fähigkeiten.
Der erste Chinook-Hubschrauber, als einer der Nachfolger der legendären "Fliegenden-Banane", hatte seinen Erstflug 1962. Die für die Bundeswehr vorgesehene Version CH-47F flog erstmalig 2001 und befindet sich seit 2005 in der Produktion.
Der Baistyp des CH-53 von Sikorsky absolvierte seinen Erstflug 1964. 2015 unternahm der Nachfolgertyp, der CH-53K King Stallion, seinen Erstflug. Seit 2018/19 ist der Hubschrauber in der Serienproduktion.
Beide sind als Schwere-Transporthubschrauber klassifiziert, doch bei den Leistungen gibt es doch erhebliche Unterschiede. Der Sikorsky CH-53K ist der schwere Hubschrauber der beim Leergewicht 15.071 kg, anstelle des CH-47F 12.559 kg, auf die Waage bringt. Aber im Punkto Zuladung liegt er deutlich über dem Hubschrauber von Boing. Während der Chinook 10.886 kg aufnehmen kann, erreicht der King Stallion eine Tragfähigkeit von15.900 kg. Bei Hubschraubern kann man bei 5.000 kg mehr Ladefähigkeit schon von Welten sprechen. Damit ist der Sikorsky hier deutlich leistungsfähiger als der Chinook von Boing. Beim Transport von Außenlasten am Lasthacken werden vom King Stallion sogar 16.300 kg erreicht.
Ein Vergleich der Hubschrauber (nach verfügbaren Daten)
Boing CH-47F Cinoock | Sikorsky CH-53K King Stallion | |
Erstflug: | 2001 | 2015 |
Länge Rumpf: | 30,10 m |
30,20 m |
Höhe: | 5,77 m |
5,30 m |
Rotordurchmesser: | 18,29 m |
24,00 m |
Leergewicht: | 12.559 kg |
15.071 kg |
Max. Startmasse: | 24.493 kg |
39.900 kg |
Zuladung: | 10.886 kg |
15.900 kg (Aussenlast 16.300 kg |
Personen: | 43 - 54 |
55 |
Geschwindigkeit: | 302 km/h |
315 km/h |
Reichweite: | 1.000 km |
745 km |
Antrieb: | 2x AlliedSignal T55-714A Wellenturbinen 2 x 3.529 kW |
3 x Geral Electric GE38-1B 3x 5.600 kW |
Auch wenn der CH-47F von Boing günstiger in der Anschaffung und bei den Betriebskosten sein dürfte, ist der Sikorsky der neuere und auch deutlich leistungsstärkere Hubschrauber. Bei allem Verständnis bei den Systemen der Bundeswehr keinen Sonderweg zu gehen, sollte daraus kein Paradigma gemacht werden. Vollmundig wurde von Seiten der Politik verkündet, die Bundeswehr zu einer der leistungsfähigsten Truppen in Europa zu machen. Dazu gehört aber auch, nicht nur auf die Systeme der anderen Nato-Staaten zu schauen. Entscheidend ist die Leistungsfähigkeit eines Systems für die Truppe.
Bei allem wirtschaftlichen Vorzügen des CH-47F ist es doch bei der Bundeswehr ein neues System. Dagegen basiert der CH-53K auf den seit 50 Jahren bei der Bundeswehr eingesetzten CH-53G. Auch wenn der King-Stallion viele Neuerungen mit sich bringen würde, ist das System für die Bundeswehr nicht unbekannt. Die Synergien aus der Erfahrung mit dem CH-53G für den CH-53K sind nicht zu unterschätzen.
Abschließend kann man sagen, der CH-47F von Boing hat seine Vorteile in der Wirtschaftlichkeit, insbesondere beim Preis. Für die bisher geplanten 5 Mrd. Euro können 60 Chinook anstelle vor 40 King Stallion beschafft werden. Dagegen spielt der Sikorsky CH-53K seine Trümpfe bei der Leistungsfähigkeit aus.
Nun, da 100 Mrd. Sondervermögen für die Bundeswehr bereitgestellt werden sollen, kann man sagen: Auf die Wirtschaftlichkeit hat man in den vergangenen Jahren bei der Bundeswehr zu oft geschaut, jetzt sollte man die Blicke auf die Fähigkeiten richten. Daher denke ich, mit dem Sikorsky CH-53K würde man die bessere Wahl treffen und der Truppe einen wirklich leistungsfähigen Hubschrauber zur Verfügung stellen.
Bis 2013 waren die Sikorsky CH-53G noch bei den Heeresfliegern stationiert. Nach der Umstrukturierung der Bundeswehr 2011 wurden die Schweren-Transporthubschrauber dem Hubschraubergeschwader 64 der Luftwaffe zugeordnet. Aus meiner Sicht einer der Fehler der großen Neugestaltung. Gerade das Heer benötigt für Ausrüstung- und Personaltransporte die Schweren Transporthubschrauber. Der gleichzeitig von der Luftwaffe zum Heer abgegebene NH-90 ist kein ausreichender Ersatz. Daher wäre es wohl angebracht, wenn auch nicht alle, den Heeresfliegern wieder Schwere-Transporthubschrauber zur Verfügung zu stellen.
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