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Karl-Heinz Brüggmann
An dieser Stelle möchte ich zwei besondere Dieselloks vorstellen. Die V300 und V320. Beiden Typen war eine größere Zukunft bei der DB verwehrt geblieben und waren nur als Einzelexemplare bei der DB im Einsatz.
V300 / BR 230
1955 unternahm Krauss Maffei zusammen mit der Bundesbahn mit einer V200 Vorführfahrten durch Grichenland, Türkei und Jugoslawien. Die Jugoslawische Staatsbahn interessierte sich für einen Kauf. Doch mit 20 t war die Achslast der V200 für die dortigen Strecken zu hoch.
Aus diesem Grund wurde von Krauss Maffei eine sechsachsige Version, die ML2200 C´C´ entwickelt. Die von 18,47 m auf 20,27 m verlängerte sechsachsige Version hatte eine von 20 t auf 16 t reduzierte Achslast.´Als Antrieb kamen zwei Maybach 12 Zylinder Dieselmotoren mit je 809 kW (1.100 PS) zum Einsatz. Aus ihrer Gesamtleistung von 2.200 PS ergab sich auch die Firmenbezeichnung. Über jeweils ein hydraulisches Stömungsgetriebe wurde ein Drehgestell angetrieben. Damit erreichten die Lokomotiven eine Geschwindigkeit von 120 km/h
1957 lieferte Kraus Maffei drei Lokomotiven nach Jugoslawien.
JZ D66-001 "Dinara" später 761-001
JZ D66-002 "Kozara" später 761-002
JZ D66-003 "Satjska" später 761-003
Nach einem kurzeitigen Einsatz im Regeldienst vor Schnellzügen, wurden die Lokomotiven für den Regierungszug von Staatspräsident Tito eingesetzt. Bis in die 80er Jahre hinein waren sie vor dem "Blauen Zug", dem "Plavi voz" eingesetzt. Danach wechselte sie sie bis 1991 in den Planverkehr. Danach wurden sie im Depot Subotica abgestellt. Bis heute sind die drei Lokomotiven erhalten, bedinden sich allerdings wohl in einem desolaten Zustand.
Nachdem weitere Aufträge für die diese Baureihe ausblieben, baute Krauss Maffei 1957 eine vierte ML2200 C´C´auf eigene Rechnung. Mit ihr wurden in Österreich Versuchsfahrten vorgenommen. Nach Versuchsfahrten auf der Schwarzwaldbahn zeigte sich, dass die Geschwindigkeit mit 120 km/h zu gering war. Daher entschied man sich im Oktober 1957 für einen Umbau der Lokomotive. Dabei wurde sie mit stärkeren Motoren des Typs Maybach MD 12V 538 TB10 ausgerüstet. Mit nun 2 x 1.103 KW (1.500 PS) erreichte sie mit einer Gesamtlesitung von 3.000 PS eine Geschwindigkeit von 140 km/h. Ihre Firmenbezeichnung wurde in ML3000 C´C´geändert. Ihr bisher den jugoslawischen Loks gleichenden Anstrich, jedoch mit Krauss Maffei A-G Aufschrift, wurde dabai in einen cremeweiß/roten Anstrich geändert.
Nach dem Umbau unternahm man wieder Testfahrten auf der Schwarzwaldbahn, sowie in Österreich und auch Ungarn.
1963 mietete die Deutsche Bundesbahn die Lokomotive und gab ihr die Bezeichnung V300 001. Nach dem Kauf 1964 erhielt sie den gleichen Anstrich wie die V200 der DB. Stationiert wurde sie im BW Hamm und im Personenschnellverkehr und Güterzugdienst eingesetzt. Im Rahmen der Neuordung der Baureihen der DB erhielt sie 1968 die Bezeichnung 230 001-0.
1970 wurde sie zum BW Hamburg-Altona verlegt. Von nun an zog sie vor allem im Plandienst Schnellzüge auf der Marschbahn zwischen Hamburg und Westerland/Sylt.
Zu dieser Zeit setzte die DB an Sonntagen in den Sommermonaten Sonderzüge zu der beliebten Insel Sylt ein. Der Sonderzug "Neptun" fuhr von Hamburg-Altona direkt nach Sylt. Von Pinneberg aus wurde die "Nixe", mit mehren Halts, u. a. auch in Glückstadt, eingesetzt. Zunächst zog die Dampflok 012 die "Nixe" in Doppeltraktion. Dann wurde der Zug, der aus 15 alten D-Zugwagen bestand, von der 230 001-0 alleine gezogen. Da ich selber öfters mit der "Nixe" gefahren bin, erinnere ich mich, das die Lok mit dem schweren Zug doch von Wilster auf der Anfahrt zur Kanal-Hochbrücke Hochdonn ihre maximale Leistung abrufen musste.
Leider wurde diese formschöne Lok schon 1975 bei der DB ausgemustert. Die im AW abgestellt Lok sollte 1977 nach Italien verkauft werden. Testfahrten zeigten doch, dass die Lok wegen ihrer Länge Probleme auf Nebenstrecken hatte. Daher scheiterte der Verkauf und die Lok kam zurück nach Deutschland. Hier fristete sie noch bis 1980 ihr Dasein. Leider wurde sie dann nicht für die Nachwelt erhalten, sondern verschrottet.
V320 / BR 232
Mit der V320 sollte ab 1963 ein weiteres Einzelexemplar bei der DB zum Einsatz kommen.
Die Geschichte dieser Lok geht auf das Jahr 1955 zurück. In der Planung der Deutschen Bundesbahn war neben dem Bedarf für eine mittelschwere Diesellok, aus der die Baureihe V160 hervorging, auch die Beschaffung eines schweren Dieselloktyps vorgesehen.
Während unter Federführung von Krupp1955, die Entwicklung der V160 begann, entschied man sich bei Henschel 1956, neben der Beteiligung bei der V160, für die Entwicklung einer schweren Mehrzweckdiesellok. Doch die zunehmende Elektifizierung der DB Hauptstrecken ließ schon früh Zweifel an einen wirtschaftlichen Erfolg einer solchen Diesellok aufkommen. Dennoch entschied man sich bei Henschel für den Bau eines Musterexemplares.
Die ungewöhnliche Länge von 23,00 Meter verlieh der DH 4000 ein besonderes Aussehen. Mit einer Dienstmasse von 121 t brachte die sechsachsige Lok es auf eine Achslast von 20,9 t. Als Antrieb verfügte sie zunächst über zwei 1.600 PS Motoren, aus deren Gesamtleistung von 3.200 PS die Bezeichnung V320 hervorging. Später wurden die durch zwei Dieselmotoren des Typs MTU MB 16V 652 TB10, mit je 1.397 kW (1.900 PS) ersetzt.. Die über hydraulisches Strömungsetriebe, auf jeweils einem Drehgestell wirkenden Dieselmotoren, ermöglichten der Lok eine Geschwindigkeit von 160 km/h. Auf Testfahrten erreichte die Lok sogar bis zu 180 km/h.
Die 1962 fertiggestellte Henschel DH 4000 wurde 1963 von der Deutschen Bundesbahn einer Erprobung unterzogen. Trotz hervorragender Ergebnisse, entschied man sich gegen eine Beschaffung dieser Baureihe. Wie befürchtet, hatte die zunehmende Elektrifizierung das Strecknetz für eine derartige Lokomotive schrumpfen lassen. Auf den verbleibenden Strecken, war man überzeugt, würde die neue V160, die späteren 216, in Doppeltraktion die notwendige Leistung erbringen . Dennoch mietete die Deutsche Bundesbahn 1963 die DH 4000 an und gab ihr die Bezeichnung V320 001.
Zumächst wurde die Lok vom BW Hamm aus eingesetzt, wechselte dann aber 1964 zum BW Kempten und fuhr auf der Strecke München - Lindau. 1974 gab die DB, die seit 1968 unter der Bezeichnung 232 001 laufende Lok, an Henschel zurück.
Dort entschied man sich, die Lok zu einer einen Güterzuglok umzubauen. Dabei wurde die u. a. die Dampfheizung entfernt und die Geschwindigkeit auf 120 km/h reduziert.
1974 erfolgte der Verkauf an die Hersfelder Kreisbahn, bei der sie vor schweren Kalizügen eingesetzt wurde. 1989 wurde sie an die Teutoburger Wald-Eisenbahn veäußert. Hier zog sie bis zu ihrer Abstellung 1992 schwere Stahlzüge.
Bis 1994 war die Lok in Lengerich abgestellt, wurde dann nach Italien an die Servizi Ferrovioi (SerFer) verkauft und auf Anschlussbahnen eingesetzt.
1998 kehrte die Lok nach Deutschland zurück. Das niedersächsische Gleisbauunternehmen WIEBE hatte die Lok erworben. In nun markanten gelben Anstrich wurde die Lok vor Gleisbauzügen eingesetzt.
Im August 2015 erlitt die Lok ein Achslagerschaden. Da sich bei der Untersuchung weiter Schäden am Fahrwerk zeigten, entschied Wiebe, die Lok nicht zu reparieren und abzustellen. Anders als die 230 ist die 232 der Verschrottung entgangen und seit 2020 als Dauerleihgabe im Historischen Lokschuppen Wittenberge zu besichtigen.
Für Henschel war die Entwicklung kein großer wirtschaftlicher Erfolg. Nur an China konnte das Unternehmen insgesamt 30 Loks, die auf der Basis der DH 4000 beruhten, sich allerdings im Design unterschieden, verkaufen.
Jedoch auf die Entwicklung der V160 und ihre Folgeserien hatte diese Lok neben einen technischen auch ihren optischen Einfluß. Von den zehn Vorsereienloks stellte Krupp sechs Maschinen her, vier der Loks wurden bei Henschel gebaut. Die Loks erhielten wegen ihrer runden Front den Spitznamen "Lollo". Bei der vierten von Henschel, der 10. und letzten Vorserienlok, verwendete man Front der V320. Es zeigte sich, dass diese Front nicht nur günstiger zu fertigen war, sondern auch besser Widerstandswerte erzielte. Damit gab die V320 den folgenden V160 Loks, sowie den über 800 Maschinen dieser Lokfamilie (210, 215, 217, 218, 219), ihr bekanntes typisches Aussehen.
Abschließend erlaube ich mir zu hintefragen, ob die Entscheidung der DB gegen diese Lok richtig war. Sehr häufig mussten, die auf der V160 basierenden Loks, in Doppeltraktion eingesetzt werden. Selbst noch heute werden z. B. auf der Marschbahn die IC-Züge zwischen Itzehoe und Westerland von 218er in Doppeltraktion gezogen. Da drängt sich schon der Gedanke auf, dass mit dem Verzicht auf die leistungsfähigere V320, letztlich doch eine wirtschaftlichere Lösung vergeben wurde.
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