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Mein Erlebnis an Bord der CAP SAN NICOLAS


Beitrag

Karl-Heinz Brüggmann

Das Erlebnis in dieser Nacht an Bord der Cap San Nicolas, habe ich in diesem Bild festgehalten. Es trifft gerade die erste Welle auf das Schiff und bricht über das Hinterschiff herein. Im Hintegrund ist die zweite Welle zu erkennen.
Das Erlebnis in dieser Nacht an Bord der Cap San Nicolas, habe ich in diesem Bild festgehalten. Es trifft gerade die erste Welle auf das Schiff und bricht über das Hinterschiff herein. Im Hintegrund ist die zweite Welle zu erkennen.

 

Es war im Südatlantik, 1979. Wir hatten mit der CAP SAN NICOLAS, eines der "Weißen Schwäne des Südatlantiks" gennaten Schiffe,  Santos verlassen und befanden uns auf der Rückreise nach Hamburg. Ich hatte die Maschinenwache zusammen mit dem 3. Ingenieur, von Mitternacht bis 04.00 Uhr.

 

Gegen 03.40 machte ich mich auf, unsere Ablösung zu wecken. Nach der Weckrunde stellte ich mich hinten am Aufbau an das Schanzkleid der Backbordseite. Ich wollte nach fünf Minuten noch einmal kontrollieren, ob meine Weckrunde auch Erfolg hatte.

 

Bei einer herrlichen Mondnacht, bei ruhiger See, betrachtete ich den Sternenhimmel und den tiefstehenden Mond, dessen Licht sich in einer langen Bahn auf den Wellen spiegelte. Im Unterbewusstsein registrierte ich, dass das glitzernde Band auf dem Wasser dann nur noch ein schmaler Strich war und die Wasseroberfläche dunkler erschien.

 

Ohne Vorwarnung begann sich das Schiff nach Steuerbord zu neigen, immer stärker. Ich klammerte mich, so gut ich konnte, an dem breiten Handlauf des Schanzkleides fest. Die auf dem tieferen Achterdeck gelaschten Container begann zu quietschen und zu rumpeln. Dann erreicht der Kamm der Welle das Schiff. Gewaltige Wassermassen ergossen sich über das Achterdeck und bei dem entstehenden Geräuschinferno befürchtete ich, dass die Container über Bord gehen. Aber Sie hielten. So neigte sich das Schiff dann wieder nach Backbord.

Hamburg Süd Cap San Marco
Das Schwesterschiff, die CAP SAN MARCO, 1982 auf der Elbe

Ich erreichte gerade die Tür zum Backbordgang wo auch meine Kammer lag, als eine zweite Welle das Schiff erfasste und dasselbe Spiel sich wiederholte. Es lief in wenigen Sekunden ab und dann war es wieder ruhig, als ob nichts gewesen wäre.

 

Ein kurzer Blick im Mondlicht  über das Heck zeigte einen richtigen Zickzackkurs. Die beiden Wellen hatten unser Schiff ganz schön vom Kurs abgebracht. Unsere Wachnachfolger waren doch etwas verstört und wie ich zur Maschine hinunter ging, waren in der Maschinenwerkstatt alle Werkzeugschränke offen, die Schubladen herausgeflogen und alles Werkzeug verteilte sich am Boden. Im Leitstand des Maschinenraumes saß mein Ingenieur, kreidebleich, total verunsichert. Die Kaffeemaschine hatte sich selbständig gemacht und ein Ölfass, was aus der Sicherung gerissen war, lag umgekippt.

 

Morgens beim Frühstück erzählte der 1. Offizier, dass unsere Schlagseite nur 2 Grad vor der Werftgarantie lag. Nur einige Grad mehr und wir wären gekentert.

 

Interessant ist, dass sich dieses Ereignis, was man schon als Begegnung mit Monsterwellen bezeichen kann,  genau in den fünf Minuten zutrug, in denen ich mich an Deck befand.


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